21.4.2018, Capella lutherana in Worms

21.4.2018, Capella lutherana in Worms
 
Nachrichten Worms, 23.04.2018
 

Capella lutherana begeistert in Worms

Von Viktoria Selbert

WORMS - Dass die Konzerte der „Capella lutherana“ mit zum Besten gehören, was die Wormser Klassik-Szene zu bieten hat, dürfte Liebhabern von Kirchenmusik mittelweile bekannt sein. Wohl aber nur diesen, und so mag es zu erklären sein, dass bei der gleichzeitigen Verlockung eines sommerlichen Abends weniger Besucher als üblich in die Lutherkirche kamen, um das aktuelle Programm zu hören, das Kantor Christian Schmidt mit profunder Kenntnis und schlüssigem dramaturgischem Konzept zusammengestellt hatte.

Die Barockzeit erfrischend interpretiert

Schmidt, selbst an Orgelpositiv und Cembalo, bildete mit den Instrumentalisten Olga Nodel, Anastasia Gurbakova (Violine, als Gast bei einem Stück zusätzlich Martha Schmidt), Katharina Schmitt (Gambe) und Ichiro Noda (Violone) ein homogenes Ensemble, das den Klang der Barockzeit erfrischend interpretiert ins Heute holte. Annabelle Hund und Doris Steffan-Wagner (Sopran), Matthias Lucht (Altus), Martin Steffan (Tenor) und Lorenz Miehlich (Bariton) zeigten sich in Bestform und transportierten in wechselnden Besetzungen die anspruchsvollen, virtuosen Stücke mit packender Vitalität und ausgewogenem Klang.

Werke von Komponisten-Stars der evangelischen barocken Kirchenmusik hatte Schmidt ausgewählt, der bekannteste darunter sicher Heinrich Schütz. Die anderen Tonkünstler des Konzertes, Andreas Hammerschmidt, Johann Rosenmüller, Johann Hermann Schein, Christoph Bernhard und Samuel Scheidt waren zu ihrer Zeit ebenfalls sehr berühmt und beeinflussten maßgeblich die stilistische Entwicklung. Da gute Musik zeitlos ist, entfalteten die sogenannten geistlichen Konzerte (kurze, raffinierte, teils mehrsätzige Kompositionen), Motetten (beides für Gesang und Orchester) eine Instrumental-Sonate und eine Allemande für Cembalo (basierend auf einer altfranzösischen Tanzform) eine beeindruckende Wirkung. Sogar spontane „Standing Ovations“ mit lang anhaltendem Applaus belohnten die Künstler nach hochintensiven 80 Minuten Darbietung.

In der titelgebenden Motette für das Konzert „Wie lieblich sind deine Wohnungen“ von Hammerschmidt erstrahlte gleich der bewährte, synergetische Ensembleklang des körperreichen, klangschönen Stimmenquartetts plus leuchtendem Sopran von Annabelle Hund. Dynamisch und schwelgend im Einklang mit den präzise und feinfühlig spielenden Instrumentalisten zeigte sich musikalisch die imaginierte Herrlichkeit. Wunderschön, mit warmer elastischer Höhe, sang Altus Matthias Lucht die Solomotette „Ecce nunc benedicite“ von Rosenmüller. Als starker Kontrast folgte von Schütz „Ich liege und schlafe“ für Bass-Solo und Basso continuo, das Lorenz Miehlich mit strahlendem Bariton eindrücklich gestaltete. Wie Engelsgesang vereinten sich und kontrastierten die Stimmen der Soprane in Schütz’ „Herr, ich hoffe darauf“, Doris Wagner-Steffan mit fokussiertem, weichem Ton, Annabelle Hund mit großer Klarheit. Die Lutherkirche bietet dafür eine differenzierte Raumakustik, wodurch die interessanten Strukturen und Details dieser Stücke bestens zu erkennen waren.